Was ist frontotemporale Demenz?
Die frontotemporale Demenz (FTD) gehört zu einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen Nervenzellen – insbesondere in den Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns – langsam absterben. Diese neurodegenerative Erkrankung ist auch unter dem Begriff Frontallappendemenz bekannt. In der Regel betrifft sie Menschen zwischen 45 und 64 Jahren und tritt damit deutlich früher auf als die Alzheimer-Krankheit.
Inhaltsverzeichnis
Einflussfaktoren und Sterblichkeit
Laut verschiedenen Studien haben Faktoren wie Alter beim Auftreten, Geschlecht, Bildungsstand oder das Stadium der Erkrankung bei Diagnosestellung kaum Einfluss auf die Lebenserwartung. Stattdessen wird als häufigste Todesursache eine Erkrankung der Atemwege genannt.
Häufigkeit und Auftreten
Im Vergleich zur Alzheimer-Krankheit ist die frontotemporale Demenz wesentlich seltener. Die Prävalenz liegt zwischen 4 und 15 Fällen pro 100.000 Menschen unter 65 Jahren. In manchen Fällen beginnt die Erkrankung bereits im dritten Lebensjahrzehnt.
Formen der frontotemporalen Demenz
Man unterscheidet drei Hauptformen von FTD: die verhaltensbetonte Variante, die primär progressive Aphasie und die mit Bewegungsstörungen verbundenen Formen. Am häufigsten tritt die verhaltensbetonte Variante auf, bei der es im Verlauf zusätzlich zu Sprach- und Bewegungsproblemen kommen kann.
Symptome der frontotemporalen Demenz
Die Symptome können individuell sehr unterschiedlich ausfallen, lassen sich aber meist in drei Kategorien einteilen: Verhaltensveränderungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie motorische Einschränkungen. Auffällig ist, dass Gedächtnisstörungen im frühen Stadium kaum eine Rolle spielen.
Typische Symptome sind:
- Sozial unangemessenes Verhalten
- Vernachlässigung der Körperpflege
- Mangel an Empathie
- Reduziertes Urteilsvermögen
- Interessenverlust und Apathie
- Zittern
- Gestörte Koordination
- Schluckbeschwerden
- Muskelschwäche
- Verzögertes Sprechen
Ein erhöhtes Risiko besteht bei Personen mit familiärer Vorbelastung, während andere Risikofaktoren bislang nicht eindeutig identifiziert wurden.
Frühstadium der frontotemporalen Demenz
Die Erkrankung verläuft typischerweise in drei Phasen: Frühstadium, mittleres Stadium und Endstadium. Alternativ wird auch ein 7-Stufen-Modell verwendet, das mit kaum erkennbaren Symptomen beginnt und in einem schweren kognitiven Abbau endet.
Im Frühstadium zeigt sich häufig unangemessenes Verhalten und ein Mangel an Rücksichtnahme gegenüber anderen. Diese Anzeichen werden oft fehldiagnostiziert, da sie auch bei psychiatrischen Erkrankungen auftreten können. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto konstanter werden die Symptome, auch wenn sie für die Betroffenen oft schwer fassbar bleiben.
Pflege und Betreuung im Krankheitsverlauf
Die Pflege von Menschen mit FTD kann mit zunehmendem Verlauf sehr belastend sein. Angehörige sollten sich frühzeitig über Unterstützungsmöglichkeiten informieren. Externe Pflegekräfte oder spezialisierte Einrichtungen können eine große Entlastung darstellen. Wichtig ist auch die kontinuierliche Aufklärung über Demenz und ihre Entwicklung.
Körperhaltung und motorische Auffälligkeiten
Ein weiteres Merkmal bei FTD ist eine veränderte Körperhaltung, häufig gebückt. Zusätzlich treten langsame Bewegungen, Gangunsicherheit und muskuläre Steifigkeit auf, was das Sturzrisiko erhöht.
Verlauf der frontotemporalen Demenz
Die Erkrankung schreitet meist stetig voran. Charakteristisch sind Veränderungen in Persönlichkeit, Sozialverhalten und Sprache. In vielen Fällen ist nach einigen Jahren eine stationäre Pflege erforderlich. Es gibt jedoch auch Patienten, bei denen sich die Symptome außergewöhnlich schnell verschlechtern.
Ein dokumentierter Fall aus dem Jahr 2018 beschreibt eine 55-jährige Frau, deren Zustand sich innerhalb von zwei Jahren deutlich verschlechterte. Bereits nach 18 Monaten war sie vollständig auf die Hilfe ihres Partners angewiesen, einschließlich bei der täglichen Körperpflege.
Endstadium der Erkrankung
Im späten Stadium treten häufig Bewegungsstörungen auf, teilweise sogar ähnliche Symptome wie bei der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) oder dem Lou-Gehrig-Syndrom. Die meisten Patienten benötigen in dieser Phase eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, da sie sich nicht mehr eigenständig versorgen können.
Die Dauer des Endstadiums variiert stark. Angehörige profitieren von Wissen über den Verlauf, um gezielt unterstützende Maßnahmen zu planen und umzusetzen.
Diagnosemöglichkeiten mittels MRT
Zur Diagnose einer frontotemporalen Demenz existiert kein spezifischer Einzeltest. Üblicherweise beginnt die Diagnostik mit der Erhebung der Krankengeschichte, gefolgt von Bluttests zur Abgrenzung anderer Erkrankungen.
Nach Ausschluss anderer Ursachen werden bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) oder Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eingesetzt. Besonders die MRT hilft dabei, eine mögliche Schrumpfung bestimmter Hirnareale – insbesondere im Frontal- und Temporallappen – zu erkennen.
Ist in der Bildgebung vor allem der Schläfenlappen betroffen, kann dies auf eine frühe Alzheimer-Erkrankung hinweisen. Ergänzend kann eine Lumbalpunktion durchgeführt werden, bei der Nervenwasser aus der Wirbelsäule entnommen wird. Der Eingriff ist in der Regel wenig schmerzhaft, kann jedoch kurzfristige Beschwerden verursachen.
Therapie und aktuelle Forschung
Eine vollständige Heilung der frontotemporalen Demenz ist derzeit nicht möglich. Dennoch existieren verschiedene Ansätze, um die Symptome über Jahre hinweg zu lindern – etwa durch medikamentöse Behandlung, Ergotherapie, kognitive Trainings und den Austausch in Selbsthilfegruppen.
Wissenschaftler arbeiten intensiv an neuen Diagnoseverfahren, darunter Bluttests, Liquoranalysen und moderne bildgebende Techniken, um eine frühere und präzisere Diagnose zu ermöglichen.
Referenzen
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7019744/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20555273/
- https://www.alz.org/alzheimers-dementia/what-is-dementia/types-of-dementia/frontotemporal-dementia
- https://www.ninds.nih.gov/health-information/disorders/frontotemporal-disorders
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2972599/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6077330/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6604333/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4809754/